Grüner Strom mit Windkraft-Drachen - power kites flying, grüner Strom aus der Luft.
Drachen steigen lassen
Drachenenergie
in Entwicklung
Jedes Kind, das schon einmal einen Drachen steigen gelassen hat, hat die Lektion gelernt: Wenn man den Drachen erst einmal vom Boden hoch in die Luft bekommen hat, ist es wahrscheinlicher, dass man eine stetige Brise findet, die ihn in der Luft hält. Die noch junge Windkraftindustrie nimmt sich diese Lektion zu Herzen. Unternehmen lassen riesige Drachen 200 Meter oder mehr über dem Boden fliegen und nutzen den Wind, den sie dort finden, um Strom zu erzeugen.
Mindestens 10 Unternehmen in
Europa und den Vereinigten Staaten entwickeln Varianten dieser Art von
Drachenenergie. Wenn sie Erfolg haben, könnten Drachen den Bau von Windparks
auf Flächen ermöglichen, die nicht windig genug für herkömmliche
Windturbinentürme sind. Drachen könnten auch eine bessere Wahl für die
Offshore-Windenergie sein.
Um Windenergie dort zu nutzen, wo sie am stärksten weht, könnte der Schlüssel
darin liegen, einen Drachen steigen zu lassen. Riesige Drachen könnten eine
Energiequelle an abgelegenen Orten und in tiefen Gewässern auf See sein. Für
die Schweiz eignen sich Standorte in den hochalpinen Regionen. Der riesige Flügel,
der im Dezember 2021 von der deutschen Firma SkySails Power in Betrieb genommen
wurde, ist das weltweit erste völlig autonome kommerzielle Windenergiesystem
aus der Luft.
Die Welt befindet sich auf dem Weg zu einer Netto-Null-Emissionen-Strategie. Bei der vollständigen Umstellung auf erneuerbare Energien spielt die Windenergie eine entscheidende Rolle. Sie ist eine der kosteneffizientesten, ergiebigsten und umweltfreundlichsten umweltfreundlichen Energiequellen.
Die International Energy
Association prognostiziert, dass die Windenergie bis 2050 um das 11-fache
ansteigen wird und Wind und Sonne zusammen 70 % des weltweiten Strombedarfs
decken werden. Dank der wachsenden Zahl von Windturbinen, die weltweit Felder
und Bergkämme schmücken, sind die Kosten für Windenergie in den letzten zehn
Jahren um etwa 40 % gesunken. Einige Experten sind jedoch der Meinung, dass
diese massiven Turbinen nicht immer die beste Lösung sind - sie können teuer
oder manchmal logistisch unmöglich an abgelegenen Orten oder in tiefen
Gewässern installiert werden und erreichen einfach nicht die großen Höhen, wo
der Wind am stärksten weht.
In einigen Ländern wird das geeignete Land für Windparks knapp: Windparks
benötigen in der Regel satte 29 Hektar, um ein Megawatt zu erzeugen, verglichen
mit 5 Hektar für fossile Kraftwerke. In der Schweiz sind grosse Windparks
undenkbar.
Power Kites
Automatische Lenkdrachen.
Power Kites sind automatische Lenkdrachen, welche die ungenutzten Ressourcen des Windes in Höhen von bis zu 400 Metern ab Boden nutzen können. Sie sind leicht, hocheffizient und werden die Bedeutung der Windenergie grundlegend verändern. Luftgestützte Systeme haben einige entscheidende Vorteile. Anders als ein Windrad steht der Flugdrachen nicht einfach in der Luft, sondern soll achtförmige Bahnen fliegen. Nach der Inbetriebnahme zieht die Kraft des Windes den Drachen an den Seilen der vollautomatischen Bodenstation entlang. Durch den Seilzug wird eine Trommel in Rotation versetzt, die ein Generator in Strom umwandelt. Hat der Flugdrache seine endgültige Höhe erreicht, wird er wieder heruntergezogen und das Spiel beginnt von vorne.
Die Segel stören die Silhouette weniger als herkömmliche Turbinen und sind auch leiser. Aber es gibt auch Herausforderungen. Windturbinen können Zugvögel töten oder verletzen, und wie die Vögel auf diese Drachen reagieren werden, ist noch nicht sehr gut untersucht. Das Halteseil eines solchen Systems könnte theoretisch Drohnen oder sogar kleine Flugzeuge zum Stolpern bringen. Und wenn eine Leine reißt oder das Leitsystem versagt, kann das System auf den Boden stürzen.
Das mag für einen weichen Flügel kein Problem sein, aber andere Unternehmen arbeiten an starren Flügeln, die eher einem Hängegleiter als einem Gleitschirm ähneln. Diese können effizienter sein und bieten eine bessere Kontrolle, aber Abstürze können ein größeres Problem darstellen, was sie zu einer besseren Wahl für den Offshore-Einsatz macht.
Vorteile gegenüber Windkrafttürmen.
Drachen bieten einen potenziellen
Vorteil gegenüber den heutigen Windtürmen in Bezug auf das verwendete Material.
Windkrafttürme benötigen Betonfundamente und Stahlkonstruktionen, nur um die
Turbinen in der richtigen Höhe zu halten. Bei drachengestützten Systemen werden
diese Strukturen durch eine relativ kleine Bodenstation und ein leichtes
Halteseil ersetzt. Eine Studie des Fachverbands Airborne Wind Europe ergab,
dass ein 50-Megawatt-Drachenpark über eine Lebensdauer von 20 Jahren 913 Tonnen
Material verbrauchen würde, verglichen mit 2.868 Tonnen für einen typischen Windturmpark.
Durch die Verwendung von weniger Material könnten drachengestützte Systeme
sowohl umweltfreundlicher als auch billiger zu bauen sein. Diese Vorteile gehen
jedoch auf Kosten der Komplexität. Damit Drachen wirtschaftlich sinnvoll sind,
müssen sie über lange Zeiträume und mit wenig oder gar keiner menschlichen
Aufsicht betrieben werden. Das stellt ein schwieriges Problem für die
Computersteuerung dar.
Im Allgemeinen gilt: Je höher man kommt, desto schneller ist der Wind. Eine
Verdoppelung der Windgeschwindigkeit bedeutet eine Verachtfachung der Leistung.
Ein luftgestütztes System kann eine Höhe von bis zu 800 m (eine halbe Meile)
erreichen, also weit über die 200 bis 300 m hohen Spitzen der größten
Windturbinen hinaus. Das theoretische globale Limit der Windenergie in großer
Höhe ist schätzungsweise 4,5 Mal größer als das, was in Bodennähe geerntet
werden könnte.
Diese Ideen gibt es schon seit Jahrzehnten, aber der Weg zur Nutzung von Drachen, Flügeln oder Drohnen zur Gewinnung von Windenergie war bisher holprig. Im Jahr 2020 stellte beispielsweise ein von Google übernommenes Unternehmen für Windenergie aus der Luft den Betrieb ein, weil es Probleme mit der Kommerzialisierung der Technologie gab. Andere Unternehmen, die leichtere, einfachere Versionen der Technologie verfolgen, wie SkySails, gehen jetzt auf den Markt. Ein Bericht des US-Energieministeriums an den Kongress aus dem Jahr 2021 kommt zu dem Schluss, dass die Windenergie aus der Luft ein großes Potenzial hat, da solche Systeme wahrscheinlich in der Lage sind, dieselbe Größenordnung an Energie zu ernten wie bodengestützte Windsysteme in den USA. Der Bericht fügte jedoch hinzu, dass die Technologie noch einen langen Weg vor sich hat, bevor sie zu einem wichtigen Bestandteil der nationalen Energielösung werden könnte. Die maritime Industrie zeigt Interesse am Einsatz von Drachen, um den Treibstoffverbrauch großer Schiffe zu senken.
Schnelle Winde nutzbar machen.
Windenergiesysteme in der Luft
nutzen zwei grundlegende Methoden zur Stromerzeugung. Bei bodengestützten
Ansätzen wie SkySails wird ein Generator am Boden mit "Pumpenergie"
betrieben. Das bodengebundene Ende der Leine wird um eine Winde gewickelt, und
wenn der Drachen durch den Wind fliegt, zieht er an der Leine und wickelt die
Winde ab, wodurch ein Generator angetrieben wird, der Strom erzeugt. Dann lässt
man den Drachen schweben, während er wieder aufgerollt wird, und der Zyklus
beginnt von neuem.
Der andere Ansatz besteht darin, den Strom an Bord des Drachens zu erzeugen. Bei der Onboard-Erzeugung wird ein starrer Drachen, ähnlich wie ein Flugzeugflügel, verwendet, der kleine Windturbinen trägt. Wenn der Drachen fliegt, treibt der Wind die Turbinen an, und der von der Maschine erzeugte Strom wird über ein Seil zur Bodenstation geleitet.
Das Fliegen mit Seitenwind erhöht die Geschwindigkeit und damit die potenzielle Energie, die ein Drachen aus dem Wind gewinnen kann. Knifflige Manöver in der Luft erfordern jedoch eine ständige Anpassung und Kontrolle des Drachens, entweder durch einen Piloten oder einen Computer. Starre Drachen werden durch die Einstellung von Steuerelementen wie Klappen und Rudern gesteuert, so wie auch Flugzeuge geflogen werden. Weiche Drachen werden durch die Einstellung der Länge der Steuerleinen gesteuert, ähnlich wie ein Fallschirm gesteuert wird.
Die fortschrittlichsten Drachensysteme sind heute in der Lage, stunden- oder tagelang computergesteuert zu fliegen, wobei sowohl Bord- als auch Bodencomputer eingesetzt werden, um ständige Korrekturen an der Steuerung vorzunehmen. Sie funktionieren in der Regel sehr gut, solange der Wind konstant bleibt. Um sich jedoch durchzusetzen, müssen die Drachen in der Lage sein, mit plötzlichen und unvorhersehbaren Veränderungen wie starken Windböen verlässlich umzugehen. Sie müssen auch in der Lage sein, automatisch zu starten und zu landen, damit sie bei schlechtem Wetter herunterkommen und bei günstigem Wind wieder aufsteigen können.
Kleinere Drachen sind billiger in der Herstellung und einfacher in der Entwicklung. Da das Gewicht und der Luftwiderstand der Leine jedoch mit der Höhe zunehmen, funktionieren kleine Drachen in 300 Metern Höhe oder höher, wo der Wind am stärksten ist, nicht mehr so gut. Die Unternehmen wollen größere, effizientere Drachen entwickeln, die höher fliegen und Megawatt Strom erzeugen können. Aber das ist mit Kosten und Risiken verbunden.
Windenergie-unternehmen
Energieerzeugung aus dem
Wind.
Das Windenergieunternehmen Kitekraft verwendet die Onboard-Methode, die eine doppelte Nutzung der Turbinenblätter ermöglicht. Während des Starts und der Landung werden die Schaufeln von einem Motor angetrieben und werden zu Propellern, die es dem Drachen ermöglichen, wie eine Drohne zu fliegen und zu schweben. Sobald sich der Drachen in der richtigen Höhe befindet, schalten die Turbinen auf die Energieerzeugung aus dem Wind um. Kitekraft schickt eine Reihe winziger, mobiler Windmühlen hoch in den Himmel und erzeugt so Strom an Bord eines starren Flugzeugs. Der Drachen kann auch selbst starten und landen. Solche Drachen, die sich noch in der Prototypenphase befinden, könnten den Bau von Windparks an mehr Orten oder die Stromversorgung abgelegener Außenposten ermöglichen.
SkySails begann 2001 mit einem anderen Ziel: dem Bau von weichen Drachenflügeln, die Schiffe auf See ziehen sollten. Die Schifffahrtsindustrie ist traditionell auf einen rohen, umweltschädlichen fossilen Treibstoff, den so genannten Bunkertreibstoff, angewiesen, und die Idee war, dass ein Flügel, wie die alten Segel, dazu beitragen könnte, den Treibstoffbedarf eines Schiffes drastisch zu senken.
Da die Internationale Seeschifffahrtsorganisation der Vereinten Nationen (IMO) nun strengere Anforderungen an Schiffe stellt, um deren Emissionen zu reduzieren, stellen andere Unternehmen, darunter auch ein Spin-off von Airbus, Flügel her, die das Schleppen massiver Schiffe erleichtern. Doch seit 2015 konzentriert sich SkySails auf die Stromerzeugung mit SkySails Power.
Das System von SkySails - wie auch andere in der Entwicklung befindliche Systeme - basiert auf einem etwa 150 Quadratmeter großen, fallschirmartigen Flügel, der auf dem Wind reitet. Es gibt keine Turbinen in der Luft, und das Halteseil ist kein elektrisches Kabel. Stattdessen wird die Energie am Boden erzeugt, und zwar durch das Ziehen der Leine. Die Bremse der Winde erzeugt den Strom. Die Software lässt den Drachen autonom in einem Achtermuster fliegen, um die stärkstmögliche Zugkraft zur Energieerzeugung zu erhalten. Das System ändert dann das Flugmuster des Drachens so, dass er mit minimalem Widerstand eingezogen werden kann, wobei ein wenig Energie aufgewendet wird, um ihn wieder aufzuziehen. Dieses Muster wiederholt sich und erzeugt dabei weit mehr Energie als es verbraucht. Im Betrieb macht der Drachen große, anmutige Achten am Himmel und treibt einen Generator am Boden an, der eine durchschnittliche Leistung von 80 Kilowatt hat - genug, um etwa 60 bis 80 Haushalte mit Strom zu versorgen. Das ist wenig im Vergleich zu einer typischen 2,75-Megawatt-Windturbine, aber in der Größenordnung vergleichbar mit vielen tragbaren industriellen Dieselgeneratoren.
Das Start-up Enerkite bringt einen Flugdrachen auf den Markt, der mehr Energie erzeugen soll als eine Windkraftanlage. Nach Angaben von T3N hat das Start-up bereits eine erste Testphase hinter sich, nun soll das Produkt des Unternehmens aus Kleinmachnow (Brandenburg) tatsächlich bald auf den Markt kommen. Das neuartige Produkt hat bereits eine Testphase hinter sich. Die Hoffnungen, die das Start-up mit seiner Erfindung weckt, sind groß. Denn die höhere Position des Flugdrachens bedeutet, dass er Wind in einer Höhe von 200 bis 300 Metern aufnehmen will, der nach Angaben des Start-ups stärker ist als in der Höhe einer normalen Windturbine. Nach Angaben von T3N führt dies zu einer größeren Energieausbeute. So sollen die fliegenden Drachen den doppelten Ertrag von Windturbinen liefern und dabei viel weniger Rohstoffe verbrauchen, da keine Betonkonstruktion am Boden erforderlich ist.
Viele andere Unternehmen sind nun im Rennen. Dazu gehören das niederländische Unternehmen Kitepower, das ein Projekt in der Karibik hat, und das norwegische Unternehmen Kitemill, das Systeme im Megawattbereich herstellen will. Andere entwerfen sogar ähnliche Systeme, die nach demselben Prinzip funktionieren, aber unter Wasser statt in der Luft, indem sie Meeresströmungen statt Wind nutzen, um ein U-Boot-Gleitboot in einer Achterbahn anzutreiben. SkySails plant, das Konzept eines luftgestützten Windparks im Mittleren Westen der USA zu testen, bevor das System auf hoher See zum Einsatz kommt. Mit den ersten kommerziellen Pilotprodukten, die es jetzt gibt, sind die Kosten an abgelegenen Orten bereits ziemlich wettbewerbsfähig. Drachenantriebssysteme sind billiger in der Herstellung, billiger im Transport und haben einen höheren Wirkungsgrad als traditionelle Windräder. Auch der CO2-Fußabdruck ist viel kleiner. Doch um eine weit verbreitete Stromquelle zu werden, muss die Windenergie aus der Luft, wie sie auch genannt wird, eine Reihe von technologischen und kommerziellen Hürden überwinden. Im Moment steckt die Drachenenergie noch in den Kinderschuhen. Die meisten Unternehmen arbeiten an relativ kleinen Pilotprojekten, und keines hat seine Technologie in den Megawattbereich gebracht, so dass sie mit herkömmlichen Windturbinen vergleichbar wäre. Das Hamburger Unternehmen SkySails Power war 2021 das erste Unternehmen, das ein kommerzielles Produkt anbot. Sein Serienmodell besteht aus einem weichen, lenkbaren Drachen mit einer Fläche von bis zu 180 Quadratmetern. Der Drachen ist mit einer 800 Meter langen Leine an einer Bodenstation befestigt, die sich in einem Schiffscontainer befindet.
Aber Drachen werden die
konventionelle Windenergie nicht ersetzen. Befürworter stellen sich Windparks
vor, in denen Hunderte von Drachen auf Kähnen in tiefen Gewässern weit vor der Küste
schwimmen, während einzelne Flügel - oder kleinere Arrays - sich entfalten
könnten, um abgelegene Inseln, vorübergehende Militäreinrichtungen oder
Bergbauarbeiten in den Bergen mit Strom zu versorgen.
Drachen könnten sich auch für die Offshore-Windenergieerzeugung in tiefen
Gewässern als nützlich erweisen. Wenn das Wasser zu tief ist, um ein Fundament
zu bauen, schwimmen die Windturbinen heute auf massiven, kahnähnlichen
Strukturen, die das Gewicht der Turbinen tragen und sie stabil halten müssen. Da
die Drachen weniger massiv sind, könnten sie leichtere und billigere Lastkähne
verwenden.
Eine letzte Hürde besteht darin, sicherzustellen, dass die Technologie akzeptable soziale und ökologische Kosten verursacht. Konventionelle Windparks stoßen oft auf den Widerstand von Anwohnern, die sich über den Lärm, die visuelle Ablenkung und die Ästhetik von Windturbinen Sorgen machen. Die Befürworter von Drachenparks gehen davon aus, dass sie weniger visuelle und lärmbedingte Auswirkungen haben werden als herkömmliche Windtürme. Nach einer Analyse veröffentlichter Studien gibt es jedoch keine empirischen Beweise dafür, dass dies der Fall ist. Obwohl die Drachen weniger massiv sind als Türme, könnten ihre Sturzflugbewegungen und der Lärm, den sie verursachen, immer noch genauso viel oder mehr Störung verursachen als herkömmliche Türme.