Agrivoltaik oder Agrophotovoltaik, Produktivität des Bodens wird um
60 Prozent gesteigert.
Agrivoltaik, auch
Agrophotovoltaik (APV) genannt, ist die gemeinsame Nutzung ein und derselben
Fläche sowohl für die Photovoltaik als auch für die Landwirtschaft.
Diese Technik wurde ursprünglich schon im Jahre 1981 erdacht. Das Konzept der Doppelnutzung von Ackerflächen für die Solarenergieerzeugung und den Pflanzenanbau zur Verbesserung der Gesamtproduktion ist also schon lange bekannt.
Damit verbunden ist die anhaltende Diskussion über die Konkurrenz zwischen Solarenergieerzeugung und Pflanzenbau bei der Nutzung von Ackerland. Denn der Lichtsättigungspunkt ist die maximale Anzahl von Photonen, die von einer Pflanzenart absorbiert werden kann. Da mehr Photonen die Photosyntheserate nicht erhöhen, können PV-Systeme und Landwirtschaft gut kombiniert werden, um das überschüssige Licht zu nutzen. Im 2004 wurde in Japan ein erster Prototyp entwickelt.
Der Begriff "Agro-Photovoltaik" wurde erstmals 2011 in einer Veröffentlichung verwendet. Das Konzept ist weltweit unter verschiedenen Namen bekannt: "Agrophotovoltaik" in Deutschland, "Agrovoltaik" in Italien, "Solar Sharing" in Asien. Anlagen wie photovoltaische Gewächshäuser können als agrivoltaische Systeme betrachtet werden.
Wir alle wünschen uns mehr erneuerbare Energien. Aber wo soll man all diese Paneele aufstellen, da die Zahl der Solaranlagen ja zunimmt und massiv zunehmen muss, um die Klimaziele zu erreichen. Freie Flächen befinden sie sich in der Regel an den Rändern der Städte, und das ist historisch gesehen der Ort, an dem wir bereits unsere Lebensmittel anbauen. Eine Untersuchung des französischen Wissenschaftlers Christophe Dupraz und seines Teams zeigt, dass agrivoltaische Systeme die globale Bodenproduktivität von 35 auf 73 Prozent erhöhen!
Auch Forscher des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme untersuchten das gleiche Thema, um herauszufinden, wie Sonneneinstrahlung und Nahrungsmittelpflanzen genutzt werden können. Die Untersuchung fand in der Nähe des Bodensees statt, der an die Schweiz, Deutschland und Österreich grenzt. Im Rahmen des Pilotprojekts wurden ein Jahr lang 720 bifaziale Solarmodule verwendet, die etwa 1/3 eines Hektars bedeckten. Die Module wurden so hoch angebracht, dass die Pflanzen fast die gleiche Menge an Sonnenlicht erhalten, wie wenn sie auf natürliche Weise wachsen.
Die Forscher fanden heraus, dass die Produktivität des Bodens um 60 Prozent gesteigert werden konnte. Die Projektergebnisse aus dem ersten Jahr sind ein voller Erfolg. Die Agrophotovoltaikanlage hat sich als praxistauglich erwiesen und kostet so viel wie eine kleine Solardachanlage. Die Ernteerträge sind ausreichend hoch und können gewinnbringend auf dem Markt verkauft werden. Die Untersuchung hat gezeigt, dass Landwirtschaft und Photovoltaik vereinbar sind. Sie reduziert die Flächenkonkurrenz, arbeitet effizient und verschafft den Landwirten ein zusätzliches Einkommen.
Ein weiterer Grund, warum Landwirte auf Solaranlagen umsteigen, ist der garantierte finanzielle Gewinn. PV-Anlagen können mit der traditionellen Landwirtschaft zusammenarbeiten und Einkommen bringen, auch wenn die natürlichen Bedingungen mit den Bedürfnissen der Kultur nicht vereinbar sind, wie die Forschungen des Fraunhofer-Instituts zeigen.
Auf jeden Fall ist die Agrophotovoltaik ein neuer Weg, die Solartechnologie zusammen mit der traditionellen Landwirtschaft zu nutzen. Sicherlich muss sie noch diskutiert, getestet und weiterentwickelt werden, aber die heutige Methode - die solare Landwirtschaft - könnte große Aussichten haben, der Gesellschaft und der Wirtschaft mehr als je zuvor zu nutzen.
Außerdem stellten die Forscher fest, dass das System der Agrivoltaik die Effizienz der Energieerzeugung erhöht. Solarmodule sind von Natur aus temperaturempfindlich, wenn sie sich erwärmen und ihr Wirkungsgrad sinkt. Durch den Anbau von Pflanzen unter den PV-Paneelen konnten die Forscher die Temperatur der Paneele senken und so ihren Wirkungsgrad erhöhen.
Die sich überhitzenden Solarmodule werden tatsächlich dadurch gekühlt, dass die darunter angebauten Pflanzen durch ihren natürlichen Prozess der Transpiration Wasser abgeben – so ähnlich wie ein Sprühregen auf der Terrasse Ihres Lieblingsrestaurants.
Die Photovoltaik-Paneele für die Landwirtschaft waren tagsüber um ca. 9 °C kühler als die herkömmlichen Paneele, was eine bessere Leistung ermöglichte.
Die gemeinsame Nutzung von
Photovoltaik und Landwirtschaft könnte in vielen Bereichen zu einem Gewinn
führen, indem die Pflanzenproduktion gesteigert, der Wasserverlust verringert
und die Effizienz von Photovoltaikanlagen verbessert wird.
Die vielversprechenden Ergebnisse dieser Forschungs-Arbeit haben weitreichende Auswirkungen auf die Art und Weise, wie die Entwicklung der Solarenergie und die Landwirtschaft weltweit integriert werden könnten, um gegenseitige Vorteile zu erzielen.
Ein Beispiel - Schweizer Beeren unter einer Photovoltaikanlage angebaut.
Ist es möglich, die Bürger und
das Stromnetz gleichzeitig zu versorgen? Der Bau des Solarkraftwerks Insolagrin
Conthey im Wallis (Schweiz) liefert einige Elemente für eine Antwort. Die
ersten Himbeeren des Projekts wurden im Spätsommer geerntet, was den
Startschuss für ein vierjähriges Programm zur Analyse und Optimierung der
landwirtschaftlichen und elektrischen Erträge gab. Dies ist weltweit das erste
Mal, dass eine neue agrivoltaische Technologie in einem groß angelegten
Pilotprojekt eingesetzt wird. Die Ergebnisse könnten den Weg für großflächige,
noch nie dagewesene Solaranlagen ebnen, die eine neue Lösung ohne zusätzlichen
Landverbrauch bieten.
Insolagrin ist eine agrivoltaische Lösung, die eine doppelte Nutzung von Land ohne Kompromisse ermöglicht. Transluzente Solarmodule ersetzen die in der Landwirtschaft üblichen Plastiktunnel und gewährleisten eine effiziente Energieerzeugung und den Schutz der Kulturen. Insolagrin ist mehr als eine Solaranlage, es ist ein neues Werkzeug für Landwirte. Es ermöglicht eine dynamische Lichtanpassung zur Optimierung des Pflanzenwachstums im Laufe der Jahreszeiten und bei Klimaveränderungen.
Das Pilotprojekt, das von den drei Partnern Insolight, Romande Energie und Agroscope ins Leben gerufen wurde, ist seit Juli 2021 am Standort von Agroscope in Conthey (VS) in Betrieb. Die vom Bundesamt für Energie (BFE) unterstützte Anlage erstreckt sich über eine Fläche von 165 m2 und wird für den Anbau von Himbeeren - und ab 2022 auch von Erdbeeren - in Töpfen unter Dach genutzt. Insolight entwickelt und liefert die Solarmodultechnologie und das Lichtsteuerungssystem. Agroscope untersucht die Pflanzenphysiologie, den Ertrag und die Qualität der Kulturen. Romande Energie hat die Anlage gebaut und überwacht die Energieproduktion. In den nächsten vier Jahren werden landwirtschaftliche und elektrische Ertragsdaten gesammelt und analysiert, um die Leistung der Anlage zu optimieren.
Forschung zur Optimierung einer einzigartigen agrivoltaischen Lösung.
Die Pilotanlage wurde entwickelt,
um den Schutz der Kulturen vor Witterungseinflüssen zu ersetzen und zu
verbessern und dabei gleichzeitig Energie zu erzeugen. Sie ermöglicht es
Agroscope, die Auswirkungen der Lichtverhältnisse auf die Entwicklung der
Pflanzen zu untersuchen. Ziel ist es, anhand dieser agronomischen Daten den
Steuerungsalgorithmus der Photovoltaikmodule, der Bewässerung und der
Nährstoffzufuhr je nach Pflanzenart, Entwicklungsstadium und Sonneneinstrahlung
anzupassen. Gleichzeitig wird Romande Energie die Solarstromproduktion der
Anlage während der vierjährigen Projektlaufzeit bewerten. Auch die
Infrastruktur wird entsprechend den Bedürfnissen der landwirtschaftlichen
Nutzung weiter optimiert werden.
Diese Forschungen sollen es
ermöglichen, Solarenergie zu erzeugen und gleichzeitig die Menge und Qualität
der unter den Solarmodulen geernteten Früchte zu erhalten oder sogar zu
steigern.
Referenzdaten Agrivoltaik Schweiz (Potenzial)
4'600 Hektaren
5 Gigawatt-Peak
800'000 bis 1'200'000 Haushalte könnten mit Strom versorgt werden
Das Potenzial für agrivoltaische
Strukturen, die sowohl dem Anbau als auch der Stromerzeugung dienen, ist
beträchtlich. In der Schweiz kämen fast 4'600 Hektaren in Frage, was einer
Leistung von 5 Gigawatt-Peak entspricht, was dem Verbrauch von 800'000 bis
1'200'000 Haushalten entspricht. Ziel ist es, eine neue Lösung für großflächige
Photovoltaikanlagen zu finden, die keine zusätzlichen Auswirkungen auf den
Boden haben und den Kohlenstoff-Fußabdruck der Kulturen verringern. Das Projekt wird durch das Pilot-
und Demonstrationsprogramm des Bundesamts für Energie unterstützt. Ein
wichtiges Zeichen setzte auch der Migros-Genossenschafts-Bund, der beschloss, das
Projekt zu unterstützen. Dies ist ein erster Schritt in die Zukunft des
energiepositiven Anbaus, der nachhaltige Entwicklungsperspektiven für den
Lebensmittel- und den Energiesektor bietet.