Wie sicher ist die Stromversorgung in der Schweiz aktuell? Sommer 2024 ist sicher, Prognosen Winter 2024?
Wie sind die Prognosen für den Winter 2024?

Wie sicher ist die Stromversorgung in der Schweiz aktuell? Sommer 2024 ist sicher, Prognosen Winter 2024?


Die Schweiz und die EU.

Obwohl die Schweiz kein EU-Mitgliedstaat ist, arbeiten die Schweiz und die EU seit vielen Jahren eng zusammen. Seit 2007 verhandelt die Schweiz mit der Europäischen Union über ein bilaterales Abkommen, um eine vollständige Kompatibilität zwischen den schweizerischen und den EU-Stromvorschriften zu erreichen. Im Jahr 2010 hat der Bundesrat den Umfang dieser Verhandlungen auf die jüngsten rechtlichen Entwicklungen in der Europäischen Union ausgeweitet, zu denen auch das dritte Energiepaket gehört. Die Eidgenössische Elektrizitätskommission, das Bundesamt für Energie und das Eidgenössische Starkstrominspektorat sind die drei wichtigsten Behörden auf Bundesebene, die für den Elektrizitätssektor zuständig sind.

Der Schweizer Stromsektor ist einzigartig positioniert und spielt eine wichtige Rolle als zentrale Drehscheibe für die Übertragung von Strom aus Niedrig- in Hochpreisregionen innerhalb der Europäischen Union (EU). Der Stromhandel der Schweiz mit ihren Nachbarländern wird sich langfristig erheblich auf ihren Erzeugungsmix auswirken. Mit der zunehmenden Umstellung der Energiequellen auf erneuerbare Energien im EU-Strommarkt wird die Schweiz aufgrund ihrer geografisch zentralen Lage und ihres von Wasserkraft dominierten Marktes weiterhin die Rolle einer zentralen Drehscheibe und einer Batterie spielen.

Schweizer Stromsektor - Meilensteine auf einen Blick:

2002 - Volksabstimmung zu Liberalisierung des Schweizer Strommarkt wird abgelehnt
2006 - Schweizer Segment an der EEX Strombörse
2007, März - Stromversorgungsgesetz durch Parlament und Bundesrat
   - EU-Richtlinien 2003/54 und 2003/55 (über den Elektrizitäts- bzw. Gasbinnenmarkt)
   - EU-Verordnung 1228/2003 Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel
2008, 1. Januar - in Kraft treten des Stromversorgungsgesetzes
2009, 1. Januar - teilweise Liberalisierung des Schweizer Strommarktes
2009 Endverbraucher mit einem jährlichen Stromverbrauch von mehr als 100 MW/h haben grundsätzlich freien Zugang zum Markt
2013 - Kooperationsabkommen Schweiz und EU im Bereich des Wettbewerbsrechts
2014, 1. Januar - Bundesgesetz über die Energie die Rückerstattung des Netzzuschlags
2014, 1. Dezember - Kooperationsabkommen Schweiz und EU tritt in Kraft
2014 - Informationsaustausch Europäischen Kommission und Schweizerische Wettbewerbskommission
2015 - EEX Einführung finanziell abgewickelter Schweizer Strom-Futures (Monat, Quartal und Jahr)
2016 - Europäische Multi Coupling Region (MCR), Kopplung der Strommärkte für 19 Mitgliedsländer
   - die Schweiz ist noch nicht Teil der MCR
2017 - Annahme der Volksabstimmung für eine ambitionierte Energiewende
2023 - Schweizer Parlament verabschiedet Gesetz zur Förderung der erneuerbaren Energieerzeugung

Nach dem neuen Stromversorgungsgesetz können Großkunden mit einem Jahresverbrauch von mehr als 100 MW/h ihren Stromlieferanten wählen. Mit Stand Oktober 2014 haben rund 27%, die rund 50% des Stromverbrauchs in der Schweiz ausmachen, von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Ab Januar 2018 können vielleicht auch Kleinverbraucher ihren Stromlieferanten frei wählen. Nach dem Stromversorgungsgesetz hat jeder (d.h. Verbraucher und Erzeuger) Anspruch auf einen geregelten Netzzugang für Dritte.

Schweizer Strommarkt.

Der Schweizer Strommarkt ist stark fragmentiert. Es gibt rund 900 Versorgungsunternehmen, die sich in Bezug auf Größe, geografische Abdeckung, Menge der gelieferten Elektrizität, Betriebsstruktur (Erzeugung, Verteilung) und Rechtsform (Untergliederungen öffentlicher Körperschaften, lokale Genossenschaften und private Unternehmen) stark unterscheiden. Zudem sind dreißig kantonale Versorgungsunternehmen und Regionalversorger für die Stromversorgung zuständig.

Swissgrid.

Das Unternehmen Swissgrid betreibt das Schweizer Hochspannungsnetz. Swissgrid ist eine Aktiengesellschaft im Besitz von Schweizer Elektrizitätsunternehmen, welche sich direkt oder indirekt mehrheitlich im Besitz der Kantone und Gemeinden befinden. Swissgrid ist Mitglied des Europäischen Netzes der Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E). Eine der wichtigsten Aufgaben von Swissgrid ist es, das Gleichgewicht zwischen Stromverbrauch und Stromerzeugung sicherzustellen.

Swiss Transmission Code.

Der Swiss Transmission Code 2010 legt die technischen Grundsätze und Anforderungen an den Betrieb und die Nutzung des schweizerischen Übertragungsnetzes fest. Das Übertragungsnetz ist über rund 40 Verbindungen mit dem übrigen Europa verbunden. Diese grenzüberschreitende Übertragungskapazität wird hauptsächlich als Transitstrecke für Strom aus Deutschland und Frankreich nach Italien genutzt.

Stromübertragungssysteme.

Die Übertragung von elektrischer Energie über Wechselstrom-Freileitungen ist nach wie vor einer der wichtigsten Bestandteile der weltweiten Stromübertragungssysteme. Die Schweiz unterstützt die Entwicklung von intelligenten Netzen und das Konzept eines Supernetzes. Die Kosten werden in der Regel nach dem Verursacherprinzip weitergegeben. Swissgrid reicht die Kostenberechnung jährlich bei der Elektrizitätskommission ein.

Tarife für die Nutzung des Verteilnetzes.

Die Tarife für die Nutzung des Verteilnetzes werden von den Netzbetreibern nach den gleichen gesetzlichen Kriterien festgelegt und unterliegen der Kontrolle der Elektrizitätskommission. Darüber hinaus müssen die Netznutzungstarife einfach strukturiert sein und die den Endverbrauchern entstehenden Kosten widerspiegeln. Sie müssen unabhängig von der Entfernung zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch und innerhalb jedes Netzes nach Spannungsebene und Kundengruppe einheitlich sein.

Strombörse.

In der Schweiz gibt es keine Strombörse. Schweizer Handelsunternehmen handeln an der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig und an der EPEX SPOT. Das Schweizer Segment an der EEX ist seit 2006 aktiv. Seit Februar 2015 hat die EEX auch den Handel für finanziell abgewickelte Schweizer Strom-Futures (Monat, Quartal und Jahr) eingeführt. Schweizer Handelsunternehmen handeln auch an der Powernext in Paris und an der Energiebörse in Österreich (EXAA).

Cyber-Sicherheit.

Angesichts der rasant fortschreitenden Digitalisierung und der sich ständig verändernden Bedrohungen stellt sich die Frage, wie Cybersicherheit gewährleisten werden kann. Die Schweizer Kraftwerke und Stromnetze stehen vor neuen Herausforderungen. Neue Technologien kommen auf den Markt, die Digitalisierung schreitet voran. Cyber-Angriffe auf Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft werden häufiger. Die Cyber-Bedrohungslage für die Schweizer Stromversorgung wird grösser.

Ein Blick auf die Schweizer Strommarktteilnehmer zeigt, dass die Akteure noch nicht alle notwendigen Schritte auf freiwilliger Basis unternommen haben. Die Mehrheit der Unternehmen erfüllt noch nicht die eigenen Branchenrichtlinien und ist noch weit von der Zielvorgabe der als IKT-Mindeststandard des Bundes für alle Bereiche festgelegt wurde. Die Nachbarn in der EU haben derzeit einen Vorsprung. Viele der derzeit für die Schweiz diskutierten Massnahmen sind in den EU-Ländern aufgrund der NIS-Richtlinie bereits umgesetzt und etabliert. Der Handlungsbedarf bezieht sich auf vier Handlungsfelder:
- Rahmenbedingungen
- Überprüfung
- Berichterstattung
- Wissensaustausch.

Es sollen folgende Massnahmen umgesetzt werden:
- regelmässige, zentrale Überprüfung durch den Bund
- jedes Unternehmen der Schweizer Elektrizitätswirtschaft soll einen Cyber-Beauftragten benennen
- es soll eine Meldepflicht an den Bund für grössere Cyber-Vorfälle eingeführt werden
- der Zugang zu relevanten Informationen über die aktuelle Bedrohungslage soll erleichtert werden

Energiestrategie 2050.

CO2-freie Stromversorgung.

Die Schweizer Stromversorgung ist nahezu CO2-frei, da sie hauptsächlich aus Kernkraft und Wasserkraft besteht. Der Anteil der Wasserkraft an der schweizerischen Stromproduktion beträgt fast 60% (Speicherkraftwerke 31,8%, Laufwasserkraftwerke 24,6%). Die Kernenergie ist mit 35,2 % die zweitwichtigste Stromquelle. Erneuerbare Energiequellen (EE) und Wärmekraftwerke produzieren die restlichen 8,4 %. Die Schweizer Kernkraftwerke gehören zu den ältesten der Welt, wobei das älteste seit 1969 in Betrieb ist.

Die Schweiz will bis 2050 klimaneutral werden.

Solar- und Windkraft tragen relativ wenig zur aktuellen Energieproduktion der Schweiz bei. Deshalb verabschiedet das Schweizer Parlament im Jahr 2023 das Gesetz zur Förderung der erneuerbaren Energieerzeugung. 69 Prozent der Schweizer Stimmbürger befürworten das Gesetz für eine "sichere Stromversorgung auf der Basis erneuerbarer Energien". Dies ist Teil der Bemühungen des Landes, bis 2050 klimaneutral zu werden. Die Schweizer Regierung will mit einem neuen Klimagesetz den derzeit geringen Anteil von Wind- und Solarenergie am Energiemix der Schweiz erhöhen. Das Gesetz zielt darauf ab, den derzeit geringen Anteil von Wind- und Solarenergie am Schweizer Energiemix zu erhöhen und die Produktion aus Wasserkraft rasch zu steigern, damit das reiche Binnenland weniger abhängig von Stromimporten wird. Das Gesetz sieht die Installation von Solarzellen auf Gebäudedächern und -fassaden vor. Es erleichtert auch die Baugenehmigung für Windturbinen und große Solaranlagen.

Strom-Mix.

Um die ehrgeizigen Ziele der Energiestrategie zu erreichen und die verringerte Stromerzeugung zu kompensieren, ist ein massiver Ausbau der installierten Kapazität an erneuerbaren Energien erforderlich. Weil die gesellschaftliche Akzeptanz für Wind und Geothermie sehr gering ist, während das nutzbare Potenzial von Wasserkraft und Biomasse maximal ist, scheint die Solarenergie die einzige erneuerbare Energiequelle zu sein, die erheblich ausgebaut werden könnte. Aktuell schwankt das jährliche Erzeugungspotenzial der Solarenergie zwischen 15 und 36 TWh. Das maximale Potenzial der Solarenergie könnte bei 82 TWh liegen.

Mit der Zunahme der variablen erneuerbaren Energien wird die gesamte Energieerzeugung volatiler. Die Planbarkeit der Wasserkraft wird eine entscheidende Rolle dabei spielen, saisonale und stündliche Ausfälle der Solarenergie auszugleichen. Aufgrund des begrenzten Ausbaupotenzials der Wasserkraft sind jedoch höhere Importe aus den Nachbarländern oder Investitionen in andere Flexibilitätsanbieter vorgesehen, um saisonale und stündliche Ungleichgewichte von Angebot und Nachfrage auszugleichen. Im Zeitraum 2015-2050 findet in allen Nachbarländern der Schweiz eine deutliche Verlagerung von Kohle zu erneuerbaren Energien und Gas statt. Frankreich ist das einzige Land, das die Kernenergie beibehält und damit weiterhin die Rolle des nächsten Exporteurs spielt. Diese Veränderungen im Produktionsmix werden sich zusammen mit einem Anstieg der Brennstoff- und CO2-Preise auf den langfristigen Erzeugungsmix der Schweiz auswirken.

Versorgung Sommer - Winter 2024.

Die Versorgung der Schweiz mit Strom ist gegenwärtig (Sommer 2024) sichergestellt. Weiterhin bleiben verschiedene Unsicherheiten bzw. Versorgungsrisiken mit Blick auf den kommenden Winter:
- der Füllstand der Schweizer Speicherseen tiefer als im vergangenen Jahr im gleichen Zeitraum
- die Verfügbarkeit der französischen Kernkraftwerke liegt derzeit bei ca. 42 GW (24. Juni 2024)
- die Gasspeicherstände in Nordwesteuropa liegen derzeit bei 76% der maximalen Füllung und damit über dem Mittelwert der vergangenen Jahre.
- der Stromgrosshandelspreis im vierten Quartal 2024 stieg um 1% auf 99 EUR/MWh.

Ihr Dynamic Snippet wird hier angezeigt... Diese Meldung wird angezeigt, weil Sie weder einen Filter noch eine Vorlage zur Verwendung bereitgestellt haben
Obligatorische Solardächer in der Schweiz und in Europa, was bedeutet die Solarpflicht?
Grüne Stromerzeugung soll schnell gefördert werden.