Schweizer Langzeit-Energiespeicher Nant de Drance, Ausgleichsfunktion zwischen Stromerzeugung und –verbrauch
Die gigantische "Wasserbatterie" bringt neue Energiespeicherkapazitäten.

Schweizer Langzeit-Energiespeicher Nant de Drance, Ausgleichsfunktion zwischen Stromerzeugung und –verbrauch.


Laut einer Analyse der Internationalen Energieagentur müssen erneuerbare Energien, vor allem Sonnen- und Windenergie, 90 % der weltweiten Stromerzeugung ausmachen, um bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Und nach Schätzungen des Europäischen Verbands für Energiespeicherung muss Europa bis 2030 eine Energiespeicherkapazität von 200 Gigawatt aufbauen - mehr als das Vierfache seiner derzeitigen Kapazität. Sonnen- und Windenergie machten im Jahr 2021 etwa 71 % der jährlich weltweit hinzukommenden Nettokapazität aus. Bei diesen erneuerbaren Energiequellen braucht es einen Ausgleich zwischen Stromerzeugung und –verbrauch. Pumpspeicherkraftwerke sind wichtig für erneuerbare Energien, da Wind und Sonne keine konstante Stromversorgung bieten.

 
 

Das Video zeigt die besten Bilder des Baus zwischen 2013 und 2022.

Riesige Wasserbatterie tief unter den Alpen.


Ein Schweizer Unternehmen hat tief unter den Alpen eine riesige Wasserbatterie gebaut, die eine Energiespeicherkapazität bietet, die der von 400.000 Elektroautobatterien entspricht. Das könnte ein Wendepunkt sein. Das 2-Milliarden-Schweizer-Franken-Projekt kann auch dazu beitragen, Europas immer teurer werdenden Strom zu stabilisieren, während es auf erneuerbare Energien umsteigt. Die so genannte Wasserbatterie Nant de Drance, die sich zwischen zwei Stauseen in einer 600 Meter tief gelegenen Höhle im Schweizer Kanton Wallis befindet, wird als großer Schritt beim Übergang Europas zu grüner Energie beschrieben.

Wenn zu viel Strom im Netz ist, zum Beispiel aus Solar- oder Windenergie, pumpt Nant de Drance Wasser aus dem unteren Stausee in den oberen Stausee. Dabei verbraucht es Strom. Umgekehrt, wenn die Stromnachfrage höher ist als die Produktion, turbiniert Nant de Drance das Wasser aus dem oberen Stausee und führt es in den unteren zurück, wodurch Strom produziert wird. Der obere Stausee ist wie eine riesige ökologische Batterie, die Energie speichert, bis sie gebraucht wird, und so das Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch im Stromnetz aufrechterhält. Nant de Drance verfügt über eine Nennleistung von 900 Megawatt und eine Speicherkapazität von 20.000 Megawattstunden, was den Übergang der Schweiz zu einer Zukunft mit erneuerbaren Energien erleichtern kann. Mit Nant de Drance ist die installierte Leistung der Pumpspeicherkraftwerke in der Schweiz um 35% auf 3.462 MW gestiegen.

In Nant de Drance wurde die bestehende Infrastruktur von Dämmen und Stauseen genutzt, wobei der größte Teil der Arbeiten unterirdisch durchgeführt wurde, so dass die Auswirkungen auf die Landschaft begrenzt sind. Diese Technologie ist auch ideal für die Kombination mit anderen erneuerbaren Energien. So sind beispielsweise zwei der Stauseen der Kraftwerke Linth-Limmern bei Linthal in der Schweiz mit einem nahe gelegenen Solarpark verbunden.

 
 

Ein umfassendes Portrait dieser gigantischen Anlage.

Kennzahlen Nant de Drance:

- 900 Megawatt Nennleistung
- entspricht 400.000 Elektroautobatterien
- 20.000 Megawattstunden Speicherkapazität
- 35% höhere installierte Leistung aller anderen Pumpspeicherkraftwerke in der Schweiz
- total 3.462 Megawatt
- 17 Kilometer unterirdischer Tunnel
- 400.000 m3 Gestein wurden ausgehoben
- sechs riesige Turbinen
- Fertigstellung 14 Jahre
- 650 Arbeiter vor Ort
- 1,5 Millionen Kubikmeter Berggestein werden in einer Höhe von 2.000 Metern abgetragen
- 21,5 m höherer Wasserspielgel des oberen Stausees (Vieux-Emosson)
- Fassungsvermögen verdoppelt
- so viel Wasser wie 6500 olympische Schwimmbecken (25 Millionen Kubikmeter Wasser)
- Turbinen mit Durchfluss von 360 Kubikmetern Wasser pro Sekunde
- kommerzieller Betrieb ab 1. Juli 2022

Projekt Nant de Drance.


Das Projekt, dessen Fertigstellung 14 Jahre dauerte, besteht aus 17 Kilometern unterirdischen Tunneln, in denen sechs riesige Turbinen untergebracht sind, die von Wasser angetrieben werden, das in einer Kaverne von der Länge zweier Fußballfelder über Stahlrohre herabfließt. Auf dem Höhepunkt der Bauarbeiten waren 650 Arbeiter vor Ort, um rund 1,5 Millionen Kubikmeter Berggestein in einer Höhe von 2.000 Metern abzutragen. Im Rahmen des Projekts wurde der Wasserspiegel eines der beiden Stauseen, des oberen Stausees (Vieux-Emosson), um 21,5 m angehoben, um sein Fassungsvermögen zu verdoppeln. Er fasst nun so viel Wasser wie 6 500 Schwimmbecken von olympischer Größe. Emosson, der untere Stausee, ist der zweitgrößte Stausee der Schweiz, und seine 180 Meter hohe Staumauer ist die fünfthöchste des Landes. 

 
 

Entscheidend für den Erfolg von Nant de Drance ist der Einsatz drehzahlvariabler Pumpturbinen. Diese drehzahlvariablen Turbinen speisen den Strom schnell in das Netz ein und verringern so das Risiko von Stromausfällen. Das bedeutet, dass das mit Strom betriebene Wasserkraftwerk innerhalb von fünf Minuten von voller Pumpleistung auf volle Turbinenleistung umschalten kann. Die Wassermenge, die durch die Turbinen fließt, entspricht mit 360 Kubikmetern pro Sekunde dem Durchfluss der Rhone in Genf im Sommer. 

Nant de Drance verfügt über eine Nennleistung von 900 Megawatt und eine Speicherkapazität von 20.000 Megawattstunden, was den Übergang der Schweiz zu einer Zukunft mit erneuerbaren Energien erleichtern kann. Mit Nant de Drance ist die installierte Leistung der Pumpspeicherkraftwerke in der Schweiz um 35% auf 3.462 MW gestiegen. 

Nant de Drance ist ein Nettoverbraucher von Strom. Seine Aufgabe besteht darin, Energie zu speichern, die zu einem Zeitpunkt erzeugt wird, zu dem sie nicht benötigt wird. Nant de Drance produziert keinen zusätzlichen Strom. Das bedeutet, dass das Kraftwerk etwa 80 % des aufgenommenen Stroms wieder in das Netz einspeist und etwa 20 Stunden Reserveenergie speichert. Die sechs unterirdischen Turbinen befinden sich 600 Meter unter der Erde in einer Kaverne zwischen den Stauseen Emosson und Vieux Emosson. Jede unterirdische Turbine hat eine Leistung von 150 MW. Die Turbinen können in weniger als fünf Minuten vom Pumpbetrieb bei voller Leistung auf Turbinenbetrieb bei voller Leistung umschalten, und es dauert weniger als 10 Minuten, um vom Turbinenbetrieb auf den Pumpbetrieb umzuschalten. Dreihundertsechzig Kubikmeter Wasser pro Sekunde fließen durch die Turbinen. Wenn zu viel Strom im Netz ist, wird Wasser vom unteren in den oberen Stausee gepumpt, und die überschüssige Energie wird im oberen Stausee gespeichert. Wenn Strom benötigt wird, fließt das Wasser aus dem oberen Reservoir durch die sechs unterirdischen Turbinen in das untere Reservoir, um Strom zu erzeugen. 

Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) erteilte im August 2008 die Baubewilligung für das Projekt. Die Bauarbeiten begannen im Juni 2009, und der Betrieb soll schrittweise ab 2018 aufgenommen werden. Das Projekt, an dem 60 Unternehmen beteiligt waren, kostete rund 2 Milliarden Franken. Es erforderte den Aushub von 400.000 m3 Gestein und die Bohrung von 17 km Stollen.

Nant de Drance SA.


Das Kraftwerk wird von der Firma Nant de Drance SA betrieben, die im Besitz von vier Partnern ist: Alpiq (39%), die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) (36%), die Industriellen Werke Basel (15%) und der Schweizer Wasserkraftproduzent FMV (10%). Das Aktienkapital des Unternehmens beträgt 350 Millionen Schweizer Franken.

Da die Schweizerischen Bundesbahnen Miteigentümer sind, ist es nicht verwunderlich, dass diese Art der Speicherung/Produktion sehr nützlich für die Stromversorgung des öffentlichen Verkehrs ist. Die SBB arbeitet heute mit einem 90%igen Anteil an Wasserkraft, der grösstenteils in eigenen Kraftwerken erzeugt wird. Aus ökologischer Sicht gehört die SBB damit zu den führenden Bahnunternehmen in Europa. Für unsere Gebäude, Bahnhöfe und technischen Anlagen sind wir aber auch auf einheimischen Strom aus dem 50-Hertz-Netz angewiesen. Damit ist Nant de Drance ein wichtiger und flexibler Speicher, der zur Stabilisierung der schweizerischen und europäischen Stromnetze beiträgt. Die vier Partner tragen die Kosten im Verhältnis zu ihren Anteilen. Im Gegenzug profitieren sie von den Produktions- und Pumpkapazitäten des Kraftwerks, ebenfalls im Verhältnis zu ihrer Beteiligung, und können die Energie entsprechend ihrem Bedarf verwalten.

Die Vorlaufkosten für den Bau von Wasserkraftwerken sind hoch. Nant de Drance finanziere sich bei Bedarf auf den Fremd- und Eigenkapitalmärkten. Die anfänglichen Kosten machen sich jedoch mittel- und langfristig bezahlt. Dämme und Kraftwerke erfordern nur minimale Wartung und sehr geringe Betriebskosten im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energiequellen.

Im Jahr 2021 kündigten die Nant de Drance SA, der WWF und Pro Natura 15 Projekte an, um die Umweltauswirkungen des Kraftwerksbaus zu kompensieren. Die Projekte zielen vor allem auf die Wiederherstellung lokaler Biotope ab, insbesondere von Feuchtgebieten, um die Wiederbesiedlung des Gebiets durch in der Schweiz gefährdete Tier- und Pflanzenarten zu fördern.

Um den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, muss die weltweite Wasserkraftkapazität bis 2050 verdoppelt werden, so die letztjährige Prognose der Internationalen Energieagentur. Wasserkraft erzeugt 16 % der gesamten Elektrizität weltweit, genauso viel wie Wind- und Solarenergie zusammen und etwa 60 % der gesamten erneuerbaren Elektrizität.

Pumpspeicherkraftwerke könnten auch außerhalb Europas für Energiesicherheit sorgen. Neue Großprojekte, wie das Wudongde-Projekt im Südwesten Chinas, sind ein gutes Beispiel dafür. Das 10 200-Megawatt-Projekt wurde im vergangenen Jahr in Betrieb genommen und besteht aus 12 Turbinen mit einer Kapazität von jeweils 850 Megawatt.

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