Schweizer Energiewende, gesetzliche Bestimmungen für die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien
Politische, wirtschaftliche, rechtliche Herausforderungen und Chancen.

Schweizer Energiewende, gesetzliche Bestimmungen für die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien.



Schaffung eines Klimafonds.
Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) wird um eine Klimaverträglichkeitsprüfung ergänzt. Gibt es nationale Ziele oder gesetzliche Vorgaben zur Reduktion von Treibhausgasemissionen? Inwieweit sind die Ziele auf das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens abgestimmt, wenn überhaupt? Wurde ein Klimanotstand ausgerufen? Gibt es eine nationale Strategie zum Klimawandel?

Zielvorgaben
Das nationale Ziel für die Verringerung der Treibhausgase liegt bei einer Reduktionsrate von 50 % bis 2030 im Vergleich zu den Werten von 1990. Die Reduktion soll zu mindestens zwei Dritteln in der Schweiz und zu einem Drittel im Rahmen von Projekten im Ausland erfolgen. Diese Ziele stehen im Einklang mit dem Pariser Abkommen, wonach die globale Temperatur unter 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau gesenkt werden soll. Da die Schweiz bereits angekündigt hat, die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Null zu reduzieren, muss für die Zeit nach 2030 eine weitere Revision des CO2-Gesetzesentwurfs vorgenommen werden. 

Nationale Strategie.


Nach dem Atomunfall in Fukushima in Japan hat der Bundesrat die Energiestrategie 2050 verkündet. In einem ersten Schritt wurde das Energiegesetz per 1. Januar 2018 revidiert mit dem Ziel, den Energieverbrauch zu senken, die Energieeffizienz zu steigern, erneuerbare Energien zu fördern und aus der Kernenergie auszusteigen. Um diese Ziele zu erreichen, legt das Energiegesetz Richtwerte für den Ausbau von Strom aus erneuerbaren Energien und den Energieverbrauch pro Person fest.

 
 

Das Energiegesetz sieht unter anderem vor: Bundesweite Grenzwerte für den Energie- und Stromverbrauch sowie für die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien. Strengere Grenzwerte für den CO2-Ausstoss von Autos. Anreize und Steuererleichterungen für energetische Sanierungen. Intelligente Verbrauchsmessung. Anreize für Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien. Ausstieg aus der Kernenergie. Das bedeutet, dass in der Schweiz keine neuen Kernkraftwerke mehr gebaut werden dürfen, die bestehenden aber am Netz bleiben, solange sie sicher sind.

In der Schweiz gibt es ein Emissionshandelssystem (ETS). Während größere Unternehmen (mit einer Gesamtwärmeleistung ihrer Feuerungsanlage von 20 MW oder mehr) am ETS teilnehmen müssen, können mittlere Unternehmen (mit einer installierten Gesamtwärmeleistung von 10 MW oder mehr) "opt-in". Im Gegenzug wird den teilnehmenden Unternehmen die CO2-Abgabe auf thermische Brennstoffe erstattet.

Seit dem 1. Januar 2020 sind das ETS der Schweiz und das der EU miteinander verbunden. Thermische Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen und Flugzeugbetreiber, die im innereuropäischen Luftverkehr tätig sind, die bisher vom Schweizer ETS ausgeschlossen waren, werden nun in das europäische System integriert.

Um die Verpflichtungen aus dem Abkommen zwischen der Schweiz und der EU sicherzustellen, sind Anpassungen des CO2-Gesetzes und der CO2-Verordnung notwendig.

Erneuerbare Energie.


Gibt es nationale Zielvorgaben oder gesetzliche Bestimmungen für die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien (wie Wind- oder Sonnenenergie)? Gibt es eine nationale Strategie für erneuerbare Energien?

Das Energiegesetz sieht Schwellenwerte für die Stromerzeugung aus neuen erneuerbaren Energien von mindestens 4,4 TWh bis 2020 und mindestens 11,4 TWh im Jahr 2035 vor.

Zusätzlich zu den Grenzwerten im Energiegesetz können die Kantone in ihren Planungs- und Baugesetzen weitere Vorschriften festlegen. So können die Kantone ihre Gemeinden ermächtigen, in der Bau- und Zonenordnung für die im Zonenplan bezeichneten Gebiete verbindliche Vorschriften für die Nutzung erneuerbarer Energien zu erlassen. Das bedeutet, dass eine Gemeinde einem Bauträger vorschreiben kann, mehr erneuerbare Energie zu nutzen oder den Anteil der erneuerbaren Energie vorzuschreiben.

Förderprogramme für erneuerbare Energien.

Mit dem neuen CO2-Gesetz von 2018 wurden mehr Subventionen zur Verfügung gestellt, aber die Subventionsinstrumente wurden stark verändert. Das System der kostenorientierten Einspeisevergütung (KEV) ist bis Ende 2022 befristet. Danach wird die KEV durch die Einmalvergütung (EIV) abgelöst und zum Hauptförderinstrument für Photovoltaikanlagen. Bei der Einmalvergütung muss zwischen großen (100 kW-50MW) und kleinen (unter 100 kW) Photovoltaikanlagen unterschieden werden. Die Vergütungssätze sind in der Energieförderungsverordnung (EPV) festgelegt. Trotz der nationalen Regelungen sind die Förderprogramme auf kantonaler Ebene geregelt und können spezifische Bestimmungen enthalten.

Energieeffizienz.


Gibt es nationale Zielvorgaben für die Steigerung der Energieeffizienz (z. B. bei Gebäuden und Geräten) oder gesetzliche Vorschriften für die Einhaltung von Energieeffizienzstandards? Gibt es eine nationale Strategie zur Energieeffizienz? 

Die nationalen Ziele zur Steigerung der Energieeffizienz sind im Energiegesetz oder im CO2-Gesetz festgehalten. Mehr als 40% des gesamten Energieverbrauchs und rund ein Drittel der klimaschädlichen CO2-Emissionen sind auf die Bauwirtschaft zurückzuführen. Mit dem so genannten Gebäudeprogramm wollen der Bund und die Kantone den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen im Schweizer Bauwesen deutlich senken. Um dieses Ziel zu erreichen, werden energetische Gebäudesanierungen vom Bund stark subventioniert, unter anderem mit den Einnahmen aus der CO2-Abgabe auf Brennstoffen. In Übereinstimmung mit früheren Beschlüssen zur Totalrevision des CO2-Gesetzes will das Parlament das Gebäudeprogramm weiterführen. Um die Reduktion der Treibhausgasemissionen um 50% zu erreichen, sieht der Entwurf des neuen CO2-Gesetzes eine CO2-Wertgrenze ab 2023 vor (Artikel 9, Entwurf CO2-Gesetz).

Obligatorische oder freiwillige Kennzeichnungssysteme für energieeffiziente Waren oder Gebäude.
Zur Kennzeichnung von energieeffizienten Gütern und Gebäuden werden verschiedene Energieetiketten verwendet.

Energieetiketten für Autos
Gestützt auf das Energiegesetz (Artikel 44) hat der Bundesrat die Energieeffizienz-Verordnung erlassen, die Vorschriften zur Produktdeklaration bei der Zulassung von Neuwagen enthält. Die Verordnung schreibt vor, dass bei Serienfahrzeugen der Energieverbrauch in Litern, Kubikmetern oder Kilowattstunden pro 100 km für die vom Fahrzeug verwendete Energieart anzugeben ist. Die Effizienzklasse (A - G) gibt an, was das Fahrzeug verbraucht. Es gibt keine direkten Subventionen für den Kauf eines energieeffizienten Fahrzeugs. Finanzielle Vergünstigungen für effiziente Fahrzeuge können jedoch von einigen Kantonen und Gemeinden sowie von der Versicherungs- und Gaswirtschaft gewährt werden.

Gebäudeenergieausweis der Kantone (GEAK)
Der GEAK zeigt anhand eines Klassifizierungssystems die energetische Qualität eines Gebäudes und ist vergleichbar mit der Energieetikette für Autos. Der GEAK ist in der ganzen Schweiz einheitlich und kann nur von zertifizierten GEAK-Experten ausgestellt werden. Die Beantragung eines GEAK ist freiwillig. Einige Kantone machen jedoch die Erteilung einer Baubewilligung von einem GEAK abhängig. Auf Bundesebene findet sich die gesetzliche Grundlage für den GEAK im Energiegesetz und in der Energieverordnung.

Minergie-Standard
Ein weiteres bekanntes Label in der Baubranche ist der "Minergie-Standard". Es gibt verschiedene Minergie-Zertifikate, die beantragt werden können.

Förderprogramme für die Energieeffizienz
Im Rahmen des Energiegesetzes unterstützt der Bund Energieeffizienzmassnahmen entweder in Form von jährlichen Globalbeiträgen an die Kantone oder als finanzielle Unterstützung für einzelne Projekte.

Hinzu kommen wettbewerbsorientierte Ausschreibungen von ProKilowatt, dem Förderprogramm des Bundesamts für Energie. ProKilowatt will den Stromverbrauch in Industrie- und Dienstleistungsunternehmen sowie in Haushalten senken, indem es Stromeffizienzmassnahmen finanziell unterstützt.

Umweltverträglichkeitsprüfungen
Müssen für bestimmte Arten von Projekten Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) durchgeführt werden? Bau- oder Planungsvorhaben für Anlagen oder Verkehrsinfrastrukturen, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können, sind UVP-pflichtig. Die UVP wird durch das Bundesgesetz über den Umweltschutz (USG) und die Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-VO) von 1988 geregelt, die eine Liste der UVP-pflichtigen Vorhaben enthält. Ziel der UVP ist es, die Übereinstimmung des Vorhabens mit allen einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen sowie kantonalen und kommunalen Vorschriften zu prüfen.

Im Rahmen der parlamentarischen Beratung der Revision des CO2-Gesetzes wird vorgeschlagen, die UVP durch eine Klimaverträglichkeitsprüfung zu ergänzen (Artikel 17b und 17c, Entwurf des revidierten CO2-Gesetzes).

Bewilligung und Regulator
Der Gesuchsteller muss eine Vorprüfung durchführen, um festzustellen, ob das Projekt erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben kann. Ist dies zu bejahen, muss er einen Umweltbericht erstellen, der eine Beschreibung des Ausgangszustands der Umwelt sowie Einzelheiten zum Projekt, zu den voraussichtlich verbleibenden nachteiligen Auswirkungen und zu den Maßnahmen, die diese nachteiligen Auswirkungen verringern könnten, enthält. Der Bericht muss dann je nach Projekt von den zuständigen kantonalen oder eidgenössischen Behörden beurteilt werden. Der Bericht und die Bewertung des Berichts durch die Behörden müssen zusammen mit dem Antrag auf Genehmigung des Projekts eingereicht werden, damit die Öffentlichkeit während einer je nach Kanton unterschiedlichen Frist (in der Regel 30 Tage) angehört werden kann. Jede natürliche oder juristische Person, die ein Interesse hat, und die benannten Umweltorganisationen können eine Stellungnahme oder einen Einspruch einreichen oder sich am Genehmigungsverfahren beteiligen.

Die zuständige Behörde muss die Umweltauswirkungen des Projekts auf der Grundlage des Umweltberichts, der Empfehlungen und Stellungnahmen der anderen Behörden sowie der Stellungnahmen und Einsprüche der interessierten Kreise beurteilen. Sie kann alle erforderlichen zusätzlichen Maßnahmen oder Bedingungen verlangen, um die Einhaltung der Umweltvorschriften zu gewährleisten. Die UVP ist keine Genehmigung, sondern Teil des (federführenden) Verfahrens zur Erteilung der Baugenehmigung. Die endgültige Entscheidung (die auch die UVP enthält) wird veröffentlicht.

Sanktionen
Bestimmte Nichtregierungsorganisationen haben ein gesetzliches Recht auf Einspruch gegen Baugenehmigungen oder Flächennutzungspläne, die für UVP-pflichtige Projekte erteilt wurden. Sie können auch gegen die Genehmigung eines Projekts Einspruch einlegen, wenn eine UVP erforderlich war, aber nicht durchgeführt wurde. Das Versäumnis, eine UVP durchzuführen, führt zur Verweigerung der Baugenehmigung oder zur Aufhebung der Genehmigung durch das Gericht. 

Lebensräume und biologische Vielfalt
Welche Anforderungen und Regelungen gelten für den Schutz der Natur, der Lebensräume und der biologischen Vielfalt, die die Entwicklung beeinflussen? Welche Prüfungen oder Verpflichtungen sind vor Beginn der Erschließung erforderlich?

Anforderungen sind Regelungen
Das Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) wurde 1968 erlassen und wird durch mehrere Verordnungen ergänzt. Auch die Kantone verfügen über autonome Kompetenzen zum Schutz bestimmter Elemente des Natur- und Kulturerbes und haben ihre eigenen Gesetze erlassen. Das Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG) legt zudem fest, dass die natürlichen Lebensgrundlagen wie Boden, Luft, Wasser und Wald zu schützen und die Landschaft zu erhalten sind. Die Schweiz hat mehrere internationale Verträge wie das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD), das Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (Berner Konvention) und das Nagoya-Protokoll ratifiziert.

Trotzdem hat die biologische Vielfalt in der Schweiz nach Angaben des Bundesamts für Umwelt seit 1900 dramatisch abgenommen und ihr aktueller Zustand ist besorgniserregend. Der Druck durch nicht nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden in der Landwirtschaft, großflächige Veränderungen der Gewässerstruktur in der Vergangenheit, die Zersiedelung der Landschaft und der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur hält an.

Im Jahr 2012 hat der Bundesrat die Strategie Biodiversität Schweiz verabschiedet, die einen Plan zur Eindämmung des Biodiversitätsverlustes und zur Erhaltung der Ökosystemleistungen skizziert. Auf dieser Grundlage hat der Bundesrat am 6. September 2017 einen Aktionsplan verabschiedet.

Die eidgenössische und kantonale Gesetzgebung sieht eine Vielzahl von Massnahmen und Verpflichtungen vor, die bei der Planung eines Entwicklungsprojekts berücksichtigt werden müssen. Die Anforderungen und das Schutzniveau variieren je nach betroffenem Gebiet. So sieht zum Beispiel Art. 3 NHG vor, dass der Bund, seine Anstalten und Betriebe sowie die Kantone bei der Erfüllung der Bundesaufgaben dafür sorgen, dass Kulturlandschaften und Ortsbilder, geschichtliche Stätten sowie Natur- und Kulturdenkmäler sorgfältig gepflegt und, soweit ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, ungeschmälert erhalten werden. Sie können diese Pflicht erfüllen, indem sie ihre eigenen Bauten und Anlagen entsprechend gestalten und unterhalten oder auf deren Erstellung verzichten.

Solar- und Windstromproduktion in der Schweiz deckt nur nur 5.6 Prozent des Stromverbrauchs
Im europäischen Vergleich liegt die Schweiz auf Platz 23.