Sauberer Wasserstoff für Langstrecken-frachtfahrzeuge, Flugzeuge, die Stahlproduktion und Hausheizungen.
Sauberer Wasserstoff wird als der künftige Kraftstoff der EU angepriesen, der bis 2030 eine Fülle von kohlenstoffneutraler Energie liefern soll. Befürworter sagen, dass er Langstreckenfrachtfahrzeuge, Flugzeuge, die Stahlproduktion und Hausheizungen antreiben wird. Umweltschützer sind jedoch skeptisch, was diese grünen Tugenden angeht. Wir können die Klimakrise nicht bewältigen, indem wir die gleiche Menge an Energie verbrauchen und einfach andere Brennstoffe verwenden. Energieeinsparungen, eine veränderte Energienutzung und die Elektrifizierung von Heizung, Verkehr und Industrie sollten im Mittelpunkt unserer Energiepläne stehen.
Aber - der Wettlauf zur
Wasserstoffwirtschaft hat begonnen, und im nächsten Jahrzehnt dürfte die
Produktion billiger und die Speicherung und Nutzung einfacher werden.
Mit der Wasserstoffstrategie der EU wurde der Weg zu einer
Wasserstoffwirtschaft im Jahr 2020 eingeschlagen. Seitdem koordiniert die
Europäische Kommission die Investitionen mit der Industrie über die Clean
Hydrogen Alliance. Es gibt auch einen Rahmen, der grenzüberschreitende Wasserstoffprojekte
mit Hilfe von gelockerten Regeln für staatliche Beihilfen ermöglicht.
Die Kommission investiert bereits seit 2008 gemeinsam mit der Industrie in Wasserstoff, als sie die erste öffentlich-private Wasserstoffpartnerschaft ins Leben rief. Die neueste Version der Initiative, die sich nun voll und ganz auf die grüne Version des Gases konzentriert, soll in den kommenden Monaten anlaufen, wenn die EU-Mitgliedstaaten ihre Zustimmung zu der Partnerschaft geben.
Die Industrie hat die Pläne der Kommission begrüßt, wartet aber auf klarere Marktregeln, um die Nachfrage anzukurbeln. Der Hauptengpass ist in erster Linie das Fehlen eines klaren und kohärenten Rechtsrahmens, der den Wasserstoffmarkt sowie infrastrukturbezogene Aspekte und Anreize regelt. Sobald die Rechtsvorschriften vereinfacht sind und eine ausreichende Nachfrage besteht, kann die Wasserstoffproduktion, einschließlich der grünen Version des Gases, ausgeweitet werden. Bei ausreichender Nachfrage und erhöhten Produktionskapazitäten werden die Preise sinken, so dass Wasserstoff mit den derzeit vorherrschenden, umweltschädlichen Energieformen wettbewerbsfähig wird. Diese Verschiebung hängt davon ab, dass die Kosten für erneuerbare Energien sinken und die Kohlenstoffkosten steigen.
Die drei Bedingungen des richtigen Marktumfelds, einer unterstützenden Politik und erhöhter Produktionskapazitäten können die Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen, und angesichts der derzeitigen Erwartungen dürften die meisten Anwendungen bis 2030 kostenmäßig mit ihren fossilen Alternativen konkurrenzfähig sein.
Die Elektrolyseure, die für die
Aufspaltung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff benötigt werden, sind nur
in geringer Zahl vorhanden, und der für ihren Betrieb benötigte Strom aus
erneuerbaren Energiequellen ist noch nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Die
Europäische Kommission schätzt, dass zwischen 180 und 470 Milliarden Euro
benötigt werden, bis grüner Wasserstoff im Jahr 2050 einen Anteil von 13-14 %
am Energiemix der EU ausmachen kann.
Energieversorgung Deutschland
Die Energieversorgung in Deutschland soll unabhängiger von russischem Gas und
klimafreundlicher mit Solar- und Windenergie. Wie hilft dabei Wasserstoff?
Als die Bundesregierung im Juni 2021 das nationale Klimaziel weiter verschärfte, um bereits bis 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen, wuchs der Druck zur Dekarbonisierung der Volkswirtschaft weiter. Nach dem Beschluss des Landes, aus der Kohleverstromung auszusteigen, wird dem Wasserstoff nun eine Schlüsselrolle bei der Erreichung der Emissionsminderungsziele zugeschrieben, insbesondere im Hinblick auf die prozessbedingten THG-Emissionen des großen Industriesektors des Landes, die Emissionen von Teilen des Verkehrssektors und langfristig möglicherweise auch die Emissionen des Wärmesektors.
Täglich werden neue Wasserstoff-Demonstrationsprojekte gestartet. Die Länder arbeiten an Strategien für den Aufbau von Märkten für grünen Wasserstoff. Start-ups und Forscher arbeiten entlang der gesamten Wasserstoff-Wertschöpfungskette. Die USA haben einen Plan aufgelegt, um die Kosten für 1 kg grünen Wasserstoff bis 2030 auf 1 $ zu senken, während Deutschland mit Australien und Namibia zusammenarbeitet, um globale Wasserstoffversorgungsketten aufzubauen.
Blauer Wasserstoff oder grüner Wasserstoff?
Die Technologien zur Herstellung von grünem Wasserstoff befinden sich jedoch
noch im Anfangsstadium und der gesamte Prozess ist teuer. Heute kann grüner
Wasserstoff nicht mit anderen Energiequellen oder mit grauem Wasserstoff aus
fossilen Brennstoffen konkurrieren. In vielen nationalen Strategien ist als
Zwischenschritt die Verwendung von Methan zur Wasserstofferzeugung vorgesehen,
wobei jedoch der Kohlenstoff abgeschieden wird, so dass sogenannter blauer
Wasserstoff entsteht. Dieser wird als sauberere Alternative zu seinem grauen
Pendant angesehen und bietet die Möglichkeit, Anwendungen zu entwickeln und zum
Aufbau von Wasserstoffmärkten beizutragen.
Studie Duke University: grauer, blauer, grüner Wasserstoff.
Technisch gesehen werden die Kohlenstoffemissionen zwar abgeschieden, doch einer aktuellen Studie von Wissenschaftlern der Universitäten Cornell und Stanford zufolge ist blauer Wasserstoff möglicherweise bis zu 20 % umweltschädlicher als die direkte Verbrennung von Methan. Die Technologie zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, die bei der Herstellung dieses fossilen Wasserstoffs zum Einsatz kommt, ist extrem teuer und bisher in dem erforderlichen Umfang nicht erprobt.
Befürworter des blauen
Wasserstoffs sagen, er sei nicht die langfristige Lösung, sondern eher ein
Sprungbrett. Grüner Wasserstoff sei das Endziel, und die Rolle des blauen
Wasserstoffs hänge sehr stark von der Fähigkeit der Industrie ab, diesen zu
liefern. Wenn überhaupt, sollte blauer Wasserstoff nur in einer Übergangsphase
eingesetzt werden, um andere Technologien wie die Mobilität nutzbar zu machen.
Allerdings sollte eine hohe Dekarbonisierungsrate von 90 % verpflichtend sein.
Obwohl die Wasserstoffstrategie eindeutig den grünen Wasserstoff favorisiert,
bleibt die Rolle des blauen Wasserstoffs als mögliche Brückentechnologie
derzeit unklar. Die Strategie konzentriert sich auf grünen Wasserstoff, sagt
aber auch, dass andere kohlenstoffarme Wasserstoffarten (z.B. blau oder türkis)
in einem globalen und europäischen Wasserstoffmarkt und damit auch in
Deutschland "eine Rolle spielen" werden.
Im Juli 2021 forderte der deutsche Wasserstoffrat - ein von der Regierung eingesetztes Beratungsgremium - eine dringende Entscheidung über den Status des blauen Wasserstoffs. Eine Mehrheit des Beirats befürwortet blauen Wasserstoff als Brückentechnologie, die dazu beitragen würde, den kurzfristigen Bedarf an kohlenstoffarmem Wasserstoff zu decken und einen Übergang in bestehende Energiehandelspartnerschaften zu ermöglichen. Zuvor hatte bereits ein Streit zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit über blauen Wasserstoff zu einer mehrmonatigen Verzögerung bei der Veröffentlichung der nationalen Wasserstoffstrategie geführt.
Blauer Wasserstoff wird aus Erdgas
mit Hilfe eines Systems zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS)
hergestellt. Deutschland wollte bereits vor etwa 10 Jahren auf der Grundlage
des CCS-Gesetzes von 2012 CCS-Demonstrationsprojekte fördern, die jedoch vor
allem wegen des öffentlichen Widerstands gegen die Erschließung von
Kohlenstoffspeicherstätten nicht in Angriff genommen wurden.
Heute wird Wasserstoff, der aus fossilen Brennstoffen hergestellt wird, ohne
den Kohlenstoff abzuscheiden, hauptsächlich in der Chemie- und Raffinerieindustrie
verwendet. Sie ist für 830 Millionen Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr
verantwortlich, was den jährlichen Emissionen des Vereinigten Königreichs und
Indonesiens zusammen entspricht.
Mit grünem Wasserstoff lässt sich
diese Verschmutzung zwar vermeiden, doch bleiben viele alte Probleme bestehen,
vor allem die Frage, wie er sicher gelagert werden kann. Wasserstoff ist zwar
weniger giftig und verteilt sich leichter als Erdgas, hat aber eine große
Bandbreite an entflammbaren Konzentrationen in der Luft und eine geringere
Zündenergie als Benzin oder Erdgas, was bedeutet, dass er sich leichter
entzünden kann.
Trotz solcher Fortschritte bleiben grüne Gruppen skeptisch, was das
Gesamtpotenzial von Wasserstoff angeht, und bezeichnen ihn als gefährliche Ablenkung
von besseren Alternativen, wie der direkten Elektrifizierung. Wasserstoff ist
kein Allheilmittel und wird auch in Zukunft eine knappe Ressource sein,
insbesondere erneuerbarer Wasserstoff. Da Wasserstoff keine primäre
Energiequelle, sondern ein Energieträger ist, und wegen der großen
Umwandlungsverluste ist erneuerbarer Wasserstoff weniger effizient als die
direkte Elektrifizierung und die Umgestaltung von Heizung und Verkehr, die
weiterhin Priorität haben. Erneuerbarer Wasserstoff sollte auf industrielle
Prozesse ausgerichtet werden, bei denen eine Dekarbonisierung schwieriger zu
erreichen ist, wie etwa bei der Stahlproduktion.
Derzeit erfordert die Speicherung von Wasserstoff einen extrem hohen Druck und ist daher zu teuer und ineffizient für eine breite Anwendung in Fahrzeugen. Es gibt aber neuartige Basismetallverbindungen, die billig und einfach zu synthetisieren sind, um Wasserstoff bei Raumtemperatur und moderatem Druck speichern zu können. So kann auf demselben Raum viermal mehr Wasserstoff gespeichert werden als die derzeitigen Systeme, und das zu 25 % der Kosten.
Das bedeutet, dass eine vierfache Reichweite zu geringeren Kosten als bei der derzeitigen 700-bar-Speicherung erzielt werden kann. Dies ebnet den Weg für Langstreckenfahrzeuge, bei denen Lithiumbatterien unpraktisch sind und die derzeitigen 700 bar den Anforderungen nicht genügen (weil der Tank auf einem Lkw zu groß wäre).
Deutschland’s Wasserstoffstrategie.
Die deutsche Wasserstoffstrategie ist auf die Erreichung der Klimaziele
ausgerichtet. Gleichzeitig ist sich das Land der wirtschaftlichen Chancen eines
wachsenden Wasserstoffmarktes bewusst und will ein führender Anbieter von
grünen Wasserstofftechnologien werden.
Die deutsche Regierung unterstützt die Wasserstoffforschung seit den 1980er Jahren, und Deutschland verfügt heute über eine fortschrittliche Wasserstoffforschungslandschaft. Es strebt eine weltweite Führungsrolle und den Export von (grüner) Wasserstofftechnologie an. Schon heute hat das Land einen Weltmarktanteil von 20 Prozent beim Bau von Elektrolyseuren, angeführt von der Thyssenkrupp-Tochter Uhde.
Die Nationale Wasserstoffstrategie, die im Juni 2020 veröffentlicht wurde, gibt die Richtung vor. Die Finanzierung erfolgt zu einem großen Teil, aber nicht ausschließlich, durch das pandemiebezogene Zukunftspaket. Es stellt 7 Milliarden Euro für die beschleunigte Markteinführung der Wasserstofftechnologie in Deutschland und weitere 2 Milliarden Euro für die Förderung internationaler Partnerschaften zur Verfügung.
Wahrscheinlich mehr als ein Viertel der von allen 17 Ländern mit Wasserstoffstrategien bisher zugesagten staatlichen Mittel werden von der deutschen Regierung bereitgestellt. Es geht in Deutschland nur um Wasserstoff, der aus erneuerbarem Strom erzeugt wird, langfristig nachhaltig und Deutschland setzt daher auf grünen Wasserstoff. Allerdings steht die Präzisierung der Rolle des bereits kostengünstigeren kohlenstoffarmen Wasserstoffs (blau und türkis) als Brückentechnologie noch aus. Als Land mit einer fortschrittlichen Wasserstoff-Forschungslandschaft strebt Deutschland eine Führungsrolle und den Export von grünen Wasserstofftechnologien an. Deutschland wird voraussichtlich ein Energieimporteur bleiben und baut internationale Partnerschaften auf, um seine zukünftige Wasserstoffversorgung zu sichern.
Ein erster Schritt, um die Einführung der Wasserstofftechnologie zu beschleunigen, ist laut der Nationalen Wasserstoffstrategie die Etablierung eines Binnenmarktes für die Produktion und Nutzung von Wasserstoff. In der Nationalen Wasserstoffstrategie heißt es. Deutschland plant den Aufbau von bis zu 5 GW [Gigawatt] Erzeugungskapazität einschließlich der dafür erforderlichen Offshore- und Onshore-Energieerzeugungsanlagen.
Weitere 5 GW sollen bis spätestens 2040 hinzukommen. Eine Erzeugungskapazität von 5 GW entspricht etwa 14 Terawattstunden (TWh) und deckt damit nur etwa ein Siebtel des prognostizierten deutschen Wasserstoffbedarfs bis 2030 (90 bis 110 TWh). Die prognostizierte Lücke zwischen Produktion und Bedarf unterstreicht Deutschlands Plan, Wasserstoff zu importieren.
Um die zukünftige Energieversorgung des Landes zu sichern, aber auch um gemeinsam an Wasserstofftechnologien zu arbeiten und andere Länder bei ihren Bemühungen zu unterstützen, die Wasserstoffproduktion für ihre eigene Energiewende auszubauen, werden internationale Kooperationen und Partnerschaften zum Thema Wasserstoff aufgebaut und intensiviert.
In der Nationalen Wasserstoffstrategie heißt es, dass die Energiepartnerschaften auch zur Dekarbonisierung und zur wirtschaftlichen Entwicklung der Länder beitragen werden, die den Wasserstoff exportieren. Deutschland konzentriert sich laut Nationaler Wasserstoffstrategie auf gemeinsame Projekte im Nordseeraum, in Südeuropa, im Rahmen der bestehenden Energiepartnerschaften der Bundesregierung und in Zusammenarbeit mit den Partnerländern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit.
Seit der Veröffentlichung der Nationalen Wasserstoffstrategie im Juni 2020 hat Deutschland bereits mit mehreren Ländern Vereinbarungen zum Thema Wasserstoff (Memorandum of Understanding, Letter of Intent oder neue Energiepartnerschaft) unterzeichnet, darunter Saudi-Arabien, Australien, Chile, Namibia, Kanada, Ukraine und Marokko.
Die deutsche Wasserstoffstrategie muss im Zusammenhang mit der europäischen Wasserstoffstrategie gesehen werden. Die Bundesregierung nutzte ihre EU-Ratspräsidentschaft von Juli bis Dezember 2020, um die EU-Wasserstoffstrategie für die gemeinsame Energiepolitik zu fördern und weiterzuentwickeln. Die EU-Wasserstoffstrategie wurde am selben Tag wie die EU-Strategie zur Integration der Energiesysteme veröffentlicht, die die Schlüsselrolle unterstreicht, die die Europäische Union dem Wasserstoff in der zukünftigen koordinierten Planung und dem Betrieb des gesamten EU-Energiesystems beimisst. Im Dezember 2020 unterzeichneten 22 EU-Länder und Norwegen ein Manifest, das den Weg für eine sauberere Wasserstoff-Wertschöpfungskette ebnet und sich dazu verpflichtet, wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) im Wasserstoffsektor zu starten.
Dieser Rahmen soll die EU-Mitgliedsstaaten dazu ermutigen, Projekte zu unterstützen, die einen klaren Beitrag zu den strategischen Zielen der EU leisten, da der IPCEI-Status es ermöglicht, dass Projekte von den Mitgliedsstaaten subventioniert werden können. Die deutsche Bundesregierung und die Bundesländer planen, 62 IPCEI in Deutschland mit über 8 Milliarden Euro (9,7 Milliarden Dollar) zu fördern.
Die nationale Wasserstoffstrategie Deutschlands enthält einen Aktionsplan mit 38 konkreten Maßnahmen für den Beginn des Markthochlaufs bis 2023. Die Maßnahmen zielen darauf ab, private Investitionen in die Erzeugung, den Transport und die Nutzung von Wasserstoff anzuziehen. In der nächsten Phase, die 2024 beginnt, geht es darum, den entstehenden Binnenmarkt zu stabilisieren und die europäische und internationale Dimension des Wasserstoffs zu gestalten.
38 Maßnahmen
Im September 2021 hat die
Bundesregierung einen Bericht über den Stand der Umsetzung der 38 Maßnahmen
veröffentlicht. Die Schlüsselmaßnahmen sind laut dem jetzt veröffentlichten
Bericht auf Kurs.
Maßnahme 31 der Nationalen Wasserstoffstrategie ist die Stärkung von Investitionen, Forschung und Entwicklung auf EU-Ebene. Die Einführung von Wasserstoff-IPCEIs auf EU-Ebene wurde dabei als eine Option angesehen. Maßnahme 25 ist die strategische Bündelung von Forschungsinitiativen. Die jetzt in die engere Wahl gekommenen 62 deutschen Wasserstoff-IPCEIs zielen auf beide Maßnahmen ab. Bund und Länder werden sie mit über 8 Mrd. € finanzieren, um private Investitionen in Höhe von 33 Mrd. € auszulösen. Die Projekte konzentrieren sich hauptsächlich auf den Industriesektor, aber auch auf den Verkehrssektor. Insbesondere die Dekarbonisierung der Stahlproduktion wird im Rahmen des Aktionskonzepts Stahl behandelt, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Juli 2020 veröffentlicht wurde. Die Projekte umfassen mehr als 2 GW an grüner Wasserstoffproduktionskapazität und sollen etwa 1.700 km an Wasserstoffpipelines bauen. Im Verkehrssektor sollen die IPCEIs die Markteinführung von Brennstoffzellensystemen und Brennstoffzellen-Elektrofahrzeugen sowie den Aufbau einer Wasserstofftankstelleninfrastruktur begleiten.
Maßnahme 1 zielt auf "bessere Rahmenbedingungen für die effiziente Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien (z.B. durch Sektorkopplung) und eine faire Ausgestaltung der staatlich induzierten Energiepreisbestandteile, um mehr Spielraum für die Produktion von grünem Wasserstoff zu schaffen." Erneuerbarer Strom, der von Elektrolyseanlagen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff genutzt wird, ist ab Januar 2022 von der EEG-Umlage befreit. Die Produktionskosten für grünen Wasserstoff in Deutschland sollen sinken.
Bei der Maßnahme 15 geht es um die Förderung klimafreundlicher Industrieverfahren. Die Bundesregierung will den Einsatz von Elektrolyseuren unterstützen und plant, "ein neues Pilotprogramm mit dem Titel 'Carbon Contracts for Difference (CfD)' aufzulegen, das vor allem auf die Stahl- und Chemieindustrie mit ihren prozessbedingten Emissionen abzielt. Im Rahmen dieses Programms garantiert die Bundesregierung, dass sie Finanzmittel in Höhe der Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten der Emissionsvermeidung/dem projektbezogenen, vertraglich vereinbarten Kohlenstoffpreis pro Menge vermiedener Treibhausgasemissionen und den Preisen des ETS [EU-Emissionshandelssystems] für den Bau und den Betrieb von Dekarbonisierungstechnologien zur Erreichung der Treibhausgasneutralität bereitstellen wird."
Mit anderen Worten, die deutsche
Regierung plant, die Lücke zwischen dem tatsächlichen Kohlenstoffpreis und dem
Kohlenstoffpreis zu finanzieren, der erforderlich ist, um Dekarbonisierungsprojekte
wirtschaftlich rentabel zu machen. Das derzeit vom Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit entwickelte CfD-Programm soll im Jahr
2022 anlaufen. Das Programm ist mit 3 Milliarden Euro bis 2024 finanziert.
Deutschland arbeitet intensiv an der Umsetzung der Nationalen
Wasserstoffstrategie und gibt dafür Milliarden aus. Laut dem im Oktober 2021
veröffentlichten "Global Hydrogen Review 2021" der Internationalen
Energieagentur haben Länder, die Wasserstoffstrategien verabschiedet haben,
mindestens 37 Mrd. $ bereitgestellt. Somit stellt Deutschland durch die
Finanzierung seiner Wasserstoffstrategie mit deutlich über 10 Milliarden Dollar
(allein im Rahmen des Zukunftspakets wurden bereits 10,4 Milliarden Dollar
zugesagt) wahrscheinlich mehr als ein Viertel der weltweiten staatlichen
Beihilfen im Rahmen einer nationalen Wasserstoffstrategie bereit.
Geographie
Die deutsche nationale
Wasserstoffstrategie konzentriert sich nicht explizit auf die Entwicklung
regionaler Zentren der Wasserstoffproduktion oder -nutzung. Lediglich die
Landeswasserstoffstrategie für Norddeutschland spricht von Hubs, in denen
"die Erzeugung, Zwischenspeicherung, Verteilung und Nutzung von
Wasserstoff räumlich konzentriert" sind und die "als Ausgangspunkte
für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Norddeutschland dienen".
Dennoch ist es wahrscheinlich
kein Zufall, dass sich die 62 Wasserstoff-IPCEI-Projekte in gewissem Maße an
der norddeutschen Küste und in den deutschen Kohleregionen konzentrieren. Die
Küstenländer werden eine Schlüsselrolle spielen, wenn es um den Import von
Wasserstoff auf dem Seeweg geht (z. B. über den Hamburger Hafen), und sie
verfügen über bestehende oder potenzielle Windenergiekapazitäten, die für die
Erzeugung von grünem Wasserstoff genutzt werden können. Die Kohleregionen
hingegen sind vom deutschen Kohleausstieg betroffen und benötigen neue
Industriestandorte.
Der größte europäische Hafen, der Hafen von Rotterdam in den Niederlanden,
bereitet sich ebenfalls auf künftige Wasserstoffimporte vor. Von Rotterdam aus
wird Deutschland wahrscheinlich Wasserstoff über eine Pipeline in das
westdeutsche Bundesland Nordrhein-Westfalen importieren, das sich
wahrscheinlich zu einem wichtigen Wasserstoffbedarfszentrum entwickeln wird. In
Nordrhein-Westfalen befindet sich eines der größten Industriezentren Europas
und das größte Kohlerevier Deutschlands.
Bereits das Strukturförderungsgesetz zum Kohleausstiegsgesetz 2020 enthielt - neben vielen anderen Maßnahmen - eine wasserstoffbezogene Förderung für Nordrhein-Westfalen: Der Aufbau eines Forschungszentrums/Helmholtz-Clusters für eine nachhaltige und infrastrukturverträgliche Wasserstoffwirtschaft (HC-H2) wird über 17 Jahre mit rund 860 Millionen Euro vom Bund gefördert.
Es gibt noch weitere Beispiele dafür, dass Deutschland bestimmte Regionen fördert, allerdings sind diese eher über das ganze Land verteilt. So fördert das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (1,4 Milliarden Euro von 2016 bis 2026) eine wachsende Zahl sogenannter HyLand-Regionen, die auf grünen Wasserstoff zur Dekarbonisierung des Verkehrs setzen.